Der tauchende Kater
D
ann stand ich auf einem Pfad und blickte auf Hügel. Es war Sonnenuntergang. Die Hügel waren voller Leute mit Leuchtstäben, die alle in Bewegung waren. Ich drehte mich um, ging ein paar Schritte und sah eine überwältigende Landschaft vor mir liegen. Eine Wüste, feuerrot angestrahlt, links das Meer unter bizarren Klippen, wie gezackte Hörner, die in den Himmel ragen. Ein Wanderer ging an mir vorbei, eine alte Frau trat an meine Seite. Ich begann zu weinen, weil mich diese Farben so rührten. Dieses leuchtende Rot und ein Stein, der dazu dunkelgrün schimmerte. Die Frau freute sich mit mir, ich schien sie zu kennen. Sie sagte mir aber auch, dass ich diese Wüste nicht betreten sollte, da Millionen dort schon gestorben seien. Übrigens bildeten sich auf den Klippen Pfützen mit Meerwasser, in die Einheimische die Rollen ihrer Inliner tunkten und dann weg fuhren. Ein lokaler Brauch, redete ich mir ein.
E
ine Brücke wurde überschwemmt. Ich bin irgendwo auf einer Straße, die durch den Wald führt. Unter dieser Brücke liegt ein Fluss. Mir fällt ein, dass Tina dort im unterirdischen Schacht auf Toilette war. Die Schachttür geht auf, eine nasse Tina steigt aus, alle heilfroh. Wir gehen los und denken über Jobs nach. Einfach das nächst beste Angebot kann ich nicht mehr annehmen, aber bei Lars gibt’s nicht sehr gut bezahlte, aber angenehme Jobs. Wir durchqueren den Wald und da fällt mir auf einem Baum ein Flusshuhn auf, das von einer Schildkröte den Stamm hinauf getragen wird. Ich schaue ein zweites Mal hin. Es erscheint ein zweiter großer, bunter Vogel, der zusammen mit dem Wasserhuhn auf der Schildkröte reitet. Wie bei der Arche Noah, sag‘ ich. Dann finde ich mich in einer Art Hotel oder in Krankenhaugängen wieder. Ich wander mit jemandem durch die Flure und erzähle von den Geistern, die dort durchziehen. Durchsichtige Gespenster schweben durch die Flure. Einer pupst sogar, als ich ihn durchquere.
E
in Traum vom Meer. Undeutlich. Ich geh‘ am Meer vorbei und beobachte die Wellen. Ich komme in ein Gebäude, das einem Aquarium ähnelt. An einer Glaswand branden die Wogen, der Wasserspiegel sinkt und steigt. Überall tummeln sich weiße Tintenfische. Das Wasser ist voll davon. An der nächsten Glasscheibe seh‘ ich ein Stück Festland. Eine Tierpflegerin trifft auf Seelöwen. Doch nicht nur Seelöwen, auch komische unheimliche Wassermenschen laufen dort zwischen den Tieren umher. Ich frage das Personal ob die gefährlich seien, was verneint wird. Doch ich traue diesen merkwürdigen, glibbrigen Fischmenschen nicht. Sie schleichen umher und beobachten die Pflegerin, als würden sie etwas im Schilde führen. Als einer von ihnen bemerkt, dass ich ihn im Auge hab‘, fängt er an schief zu lächeln. Direkt nebenan ist eine Art Stall. Durch ein kleines Fenster werfe ich einen Blick hinein. Zappenduster ist es darin. Ich erkenne ein paar Seelöwen und wieder diese Fischmenschen. Ich weiß nicht, was darin vor sich geht.
I
rgendwo in Afrika war ich mit Charlotte und Nanna in einem Supermarkt an der Kasse. Ich fand, ich hatte zu wenig Zeit im Laden verbracht und wollte gerne noch Bier kaufen. Also nahm ich mein Ei, das ich kaufen wollte, wieder vom Band und ließ die anderen warten. Eine Durchsage ging, sie war auf deutsch. Das hat mich sehr überrascht. Zwischen zwei Regalreihen wurde ein Mann von zwei Frauen angesprochen, so als wäre er berühmt. Die drei waren nobel gekleidet. Braune Mäntel, bunte Seidentücher um den Hals. Ich suchte also nach dem Bier. Das dauerte so lange, dass ich mir auf dem Weg mein Ei kochte und pellte. Ich fand Wolters im Regal, aber wollte gerne ein einheimisches Gebräu. Ich ging zurück zur Kasse und legte das gepellte Ei, das mir vorher auch schon auf den dreckigen Ladenboden gefallen ist, auf das Band. Charlotte lachte nur, dass ich dafür so lange gebraucht habe. Die Kassiererin, natürlich deutsch, kassiert und schlägt einen höheren Preis an als nur das Ei. Ich soll den Block Butter in meiner Jackentasche bezahlen. Dabei liegt der schon mindestens einen Tag drin, aufgeweicht durch meine Hände. Dass ich das Ding schon vorher gekauft habe, kann ich nicht beweisen, weil ich keinen Kassenbon habe, also bezahle ich ihn ein zweites Mal. Ich schau in meine Tasche und seh die Butter ohne Verpackung. Daneben liegen Gewürzkrümel und ein paar kleine Stücke
Holzkohle.
V
iel konnte Opa nicht mit den Bildern anfangen, die ich ihm auf meiner Kamera zeigte. Da sind ja noch mehr Fotos von Wellen. Das Haus erkennt man ja gar nicht richtig. Ich konnte es nicht ganz nachvollziehen, warum Opa aus Eckernförde weg zog. Was führte ihn ausgerechnet nach Gifhorn? Er wurde stationiert in der Kaserne von Wesendorf. Damals. Dort, wo er auch meine Oma kennenlernte. Doch diese Frage stimmte ihn nachdenklich. Opa setzte sich an den Gartenteich, grübelte. Ganz lässt das Meer einen dann wohl doch nicht los.
Mama findet, dass das Rot der Mohnblumen das schönste Rot überhaupt ist.
I
ch stehe auf einer steilen Böschung. Vor mir das Meer. Es wirkt als läge eine schwarze, unfassbar große Mauer vor mir. So als könnte ich sie berühren, aber doch unendlich fern. Eine Masse, die Grenze eines Raumes. Irgendwas ist dort zu Ende.
D
as war alles Bullshit, doch ich wachte im Traum dann auf. Das hat mich sehr verwirrt. Ich bin dann aufgestanden und war völlig benebelt. Ich ging los und suchte mir Orientierungspunkte und erkannte einen Schrank über mir. Ich bin also eher gekrochen als gegangen. Mein Blick klarte sich immer mehr, als ich die Treppe herunter kroch. Unten im Wohnzimmer erblickte ich meine Eltern. Sie standen mit dem Rücken zu mir und schauten aus dem Fenster. Alles war irgendwie sehr retro eingerichtet und auch meine Eltern trugen sehr elegante, aber altmodische Anzüge. Graue gerade und weite Anzugshose mit Bügelfalte, passendes graues Jackett und knalloranger Rollkragenpullover. Sie schauten also aus dem Fenster und meine Mutter erzählte, dass gerade ein bestimmtes Naturphänomen auf dem Meer stattfand. Sie sagte zuerst irgendwas von Fischen, doch berichtigte sich dann. Das Phänomen bewirkte, dass die Wellen nicht kippten und sehr steif wirkten. Ich ging zum Fenster und warf einen Blick raus aufs Meer. Die Wellen waren direkt vor dem Fenster und liefen links daran vorbei. Es wirkte, als würde das Meer aus pechschwarzem Öl bestehen, das sich langsam und in beunruhigend hohen Wellen viel zu nah vorbei zog. Als würde draußen die Welt von Öl überschwemmt werden.
R
iesige Wellen, durch die wir durch tauchen. Riesige Wellen walzen durch das Haus, wir tauchen. Versuche meine sieben Sachen in meine Hosentaschen zu stecken, bevor sie weg gespült werden. Sie liegen auf der Brüstung der Treppe. Greife plötzlich meinen Kater Kenny, gerettet. Tauche mit ihm im Arm durch die Flut. Er hat Angst unter Wasser. Doch ich, ich bleibe ganz ruhig und genieße. Die bunt schillernden Reflexionen, die spiegelnden Wassermassen von unten. Tauche durch die Straßen, wo Lastwagen an mir vorbei schwimmen. Tauche immer unter, wenn die Welle kommt. Habe viel Atem, alles easy.
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